Liest man die derzeitigen AIDS-Statistiken unserer Region fühlt man sich wie in einem Horrorfilm. Dennoch gibt es immer noch viele, die die Tatsachen leugnen, weil sie damit Panik in der Bevölkerung verhindern wollen.
- Sechs Millionen Südafrikaner werden im Jahr 2005 mit HIV infiziert sein.
- Die meisten von ihnen stammen aus kwaZulu/Natal.
- Im selben Jahr wird die Zahl der an AIDS erkrankten Menschen in Südafrika unglaubliche 1,5 Millionen erreichen.
- Der Anteil der HIV-infizierten Personen beträgt in kwaZulu/Natal 26,6 % (laut Gesundheitsministerium).
- Landesweit liegt der Durchschitt der HIV-Infizierten bei 16 % (laut der letzten Erhebung im Rahmen der vorgeburtlichen Vorsorge).
- Letztes Jahr lag die Rate noch bei 14 %.
- In den letzten sieben Jahren sind bereits 150.000 Menschen in kwaZulu/Natal an AIDS gestorben.
- In nur zwei Jahren wird sich die Zahl verdoppelt haben.
- Untersuchungen zeigen, dass im Jahr 2014 die AIDS-Sterblichkeit ihren Höhepunkt erreichen wird. Dann werden jährlich 130.000 Menschen an AIDS sterben.
- Im letzten Jahr forderte AIDS mehr Opfer als alle anderen Todesursachen zusammen.
- Im Jahr 2006 werden insgesamt mehr als eine Million Menschen an AIDS gestorben sein.
- Ohne Heilmittel wird diese Zahl bis zum Jahr 2016 auf zwei Millionen anwachsen.
- Obwohl Südafrika vor einigen Jahren noch die geringste Infektionsrate auf dem afrikanischen Kontinent hatte, wächst nun die Epidemie im Vergleich mit den anderen Ländern am schnellsten (laut Dr. Garth Japhet).
- Schätzungen besagen, dass im Jahr 2000 zwischen 40 und 50 Millionen Menschen weltweit HIV-positiv sein werden.
(Quelle: Daily News vom 4. Juni 1998)
- AIDS-Tests im 80 km von Mandini entfernten Empangeni zeigen, dass 45 % der untersuchten Patienten HIV-positiv sind.
- In der Sundumbili-Klinik wurde 1998 ein Anteil von 60 % HIV-positiver Patienten festgestellt.
- Eine Betriebskrankenschwester einer großen Fabrik in iSithebe schätzt, dass 80 % der dort Beschäftigten mit dem Virus infiziert sind.
- Eine Krankenschwester des Krankenhauses in Stanger vermutet, dass bis zu 100 % der Patienten ihrer Station HIV-positiv sind.
Wir können diese statistischen Angaben nicht auf ihre Richtigkeit überprüfen und erwähnen sie auch nicht, um damit aufzuschneiden. Auch wissen wir nicht, warum unsere Region als die am schlimmsten von der AIDS-Infektion heimgesuchte gilt.
Als wir das Blessed Gérard’s Care Centre in Mandeni planten und bauten, waren wir uns des wirklichen Ausmaßes dieser Entwicklung nicht bewußt. Unser Hauptanliegen war es, die vielen, an allen möglichen Krankheiten leidenden Menschen zu versorgen, wenn deren Angehörige sie nicht ausreichend pflegen können. Jetzt, nach zwei Jahren zeigt sich immer mehr, dass wir genau das Richtige zur richtigen Zeit am richtigen Ort getan haben.
Sei es glücklicher Zufall oder göttliche Fügung: Auf die über uns hereinbrechende AIDS-Welle sind wir gut vorbereitet. In unserem gut ausgestatteten Pflegezentrum und Hospiz können unser angestelltes Personal und unsere freiwilligen Helfer sich um AIDS-Kranke kümmern, die sonst vernachlässigt würden.
Es ist erschreckend, dass viele Familien ihre an AIDS erkrankten Angehörigen loswerden wollen. Dies steht im krassen Widerspruch zur Tradition der Zulu, in der kranke Familienmitglieder normalerweise sehr gut versorgt werden. Wir stellten fest, dass Angst vor Ansteckung der Grund dafür ist. Außerdem fehlen Kenntnisse über den Umgang mit AIDS- Patienten ohne sich dem Risiko einer Ansteckung auszusetzen. Deshalb verbinden wir unsere häusliche Krankenpflege mit einer ausführlichen Beratung der Angehörigen. Wir zeigen ihnen, wo Vorsicht geboten ist, und welche Maßnahmen sie ungefährdet durchführen können, damit sie den Betroffenen ohne Angst versorgen können.
AIDS und tradtionelle Heilmethoden
Besorgniserregend ist, dass viele Zulu im hiesigen Gebiet mehr ihren traditionellen Medizinmännern vertrauen als der modernen Medizin. Das wäre nicht weiter schlimm, würden sie nur pflanzliche Substanzen einnähmen, die ihnen eine subjektive Erleichterung verschaffen können. Bei einer weitverbreiteten Behandlungsmethode schneiden die Medizinmänner mit Rasierklingen viele kleine Schnitte in die Haut von HIV-positiven Personen und reiben dann "Medizin" in die entstandenen Wunden. Verwenden sie die gleiche Rasierklinge beim nächsten Patienten, wird die Behandlung des einen zum todbringenden Nebeneffekt für den anderen.
Erschwerend kommt hinzu, dass etwa die Hälfte der AIDS-Patienten an Lungentuberkulose leidet. Viele weigern sich, Medikamente einzunehmen aus Unverständnis, dass dies wirklich notwendig ist.
Eine wirksame Behandlung wird zudem durch den Aberglauben gefährdet, das Auslösen von Erbrechen "reinige den Körper". Die Einnahme von Medikamenten, die von Ärzten verschrieben werden, wird damit sinnlos, wenn sie gleich wieder erbrochen werden.
Viele Angehörige meinen den Anblick ihres sterbenden Angehörigen nicht ertragen zu können und verbannen ihn deshalb aus dem Familienverband.
Am schlimmsten aber ist das weitverbreitete Gerücht, man könne AIDS durch sexuellen Kontakt mit einer Jungfrau bekämpfen. Zahllose Vergewaltigungen von Mädchen, oft schon von Dreijährigen aufwärts, sind die traurige Folge. Unbeschreiblich ist das Leid dieser Kinder durch die körperliche Verstümmelung, das psychische Trauma und die übertragene HIV-Infektion.
Bestehende Ängste können nicht durch Drohungen oder Strafen beseitigt werden. Da hilft nur ausführliche Aufklärung und Vertrauensbildung.