Ngiyabonga Nkosi! - August 1997

Ngiyabonga Nkosi

Ich bin eine 54jährige Witwe, habe sieben Kinder, von denen einige verheiratet sind und mir wunderbare Enkelkinder geschenkt haben. Ich lebe auf einem (Bauern)Hof nördlich von Eshowe in kwaZulu/Natal.

Vor drei Jahren verstarb mein Mann; und so muss ich mich alleine um unsere Kinder kümmern, die noch zur Schule gehen. Eines Tages arbeitete ich gerade fleißig auf dem Feld, auf dem ich Gemüse anbaue, um meine Familie zu ernähren; da hatte ich plötzlich dieses furchtbare Kopfweh. Es war außergewöhnlich heiß, und so nahm ich nicht viel Notiz von den Schmerzen, weil ich dachte, es sei nur normales Kopfweh wegen der Sonne. Als ich mit dem Unkrautjäten für den Tag fertig war und das Gemüse gegossen war, ging ich müde nach Hause. Ich war erschöpft und verschwitzt. Die Kinder waren von der Schule zurück und hatten, wie üblich, Hunger. Die Töpfe mit uPuthu (Maisbrei) und Eintopf standen am Feuer, und das Essen war fast fertig. Schmerzen, ach, solche Schmerzen! Mein Kopf ist am Zerspringen. Ich erinnere mich daran, dass mich meine älteste Tochter aus einiger Entfernung rief. „Mama, Mama!" Ich muss zu ihr gehen, sie ist in Schwierigkeiten und braucht mich. Es gibt niemand anderen, der ihr helfen könnte. „Mama, Mama!" Ich muss zu ihr gehen, aber es ist so schwer, so dunkel, wie wenn man durch Suppe schwimmen müsste.

Ich öffne die Augen, und da ist Thokozile, mein kleines Baby. Tränen rannen ihr übers Gesicht. Ich versuchte meine Hand zu heben, um die Tränen abzuwischen, aber meine Hand wollte mir nicht gehorchen. Mein Kopf gab meinem Arm den Befehl, sich zu bewegen, aber nichts geschah. Langsam dämmerte es mir: Etwas war ernstlich nicht in Ordnung. Ich versuchte, meine Familie zu fragen, was geschehen war, aber die Worte, die herauskamen, klangen verdreht, und niemand konnte mich verstehen. Schließlich kam ein weiß gekleideter Mann ins Zimmer. Dann begriff ich, dass ich in einem Krankenhaus war. „Sie haben einen Schlaganfall gehabt", sagte er zu mir. „Sie sind linksseitig gelähmt." Er nahm einige Untersuchungen vor.

Mein Gesicht, mein Arm und meine Hand sowie mein Bein wollten sich nicht bewegen.

Das muss einer der übelsten Augenblicke meines Lebens gewesen sein. Ich hatte nie daran gedacht, dass mir so etwas zustoßen könnte.

Die Tage vergingen. Das Programm war täglich dasselbe. Die Physiotherapeuten waren so nett und freundlich. Sie ermutigten mich dazu, mit meinen Übungen weiterzumachen. Sehr bald entließ mich der Doktor aus dem Krankenhaus, wo ich mich sicher und geborgen gefühlt hatte. Die Familie nahm mich nach Hause auf den (Bauern)Hof. „Wie komme ich nur zurecht?" dachte ich. Ich war so müde nach der Reise, dass ich einschlief. Am nächsten Morgen wachte ich auf, weil meine kleine Tochter schrie. Sie hatte nämlich Hunger. Ich versuchte aufzustehen, um ihr zu helfen, aber ich konnte nicht. Ich fiel auf den Fußboden. Schluchzend schleppte ich mich auf dem Boden zu ihr hin und versuchte, sie zu trösten. Lange saßen wir zusammen. Als sie sich wieder beruhigt hatte, bat ich sie, mir zu helfen und genau das zu tun, was ich ihr sagte. Sie war ein kleiner Engel. Sie tat alles, um was ich sie bat, aber ein vierjähriges Kind kann einem nur sehr eingeschränkt helfen. Die älteren Kinder waren schon zur Schule fortgegangen. So saß ich stundenlang auf dem kalten Zementfußboden meiner Hütte, bis die älteren Kinder heimkamen.

Wie sollte ich es nur schaffen?

Irgendwie überstanden wir die nächste Woche, aber die Verhältnisse zu Hause wurden immer komplizierter und schwieriger. Ist das ein Auto, was ich da höre? Bitte, Herr, lass das einen Besucher sein! Welche Erleichterung, es ist meine Tochter Dudu und ihr Mann aus Mandeni. Es gibt keine große Diskussion, sie packen meine Kinder und mich in das Auto und fahren mich zu sich nach Hause. Das Haus ist klein, es hat nur vier Räume: zwei Schlafzimmer, ein Wohnzimmer und eine Küche. Wir mussten viel umorganisieren, damit wir alle in die kleine Wohnung hineinpassten. Meine Tochter, ihr Mann und ihre zwei Kinder schlafen jetzt in einem Zimmer und meine drei Kinder und ich in dem anderen. Ngiyabonga, Nkosi! Danke, Herr(gott)! Du hast mich wirklich mit guten Kindern gesegnet. Wenn ich jetzt nur wieder selbständig werden könnte!

Eines Tages kam mein Schwiegersohn mit der Nachricht nach Hause, dass es Hilfe für mich gibt und noch dazu akkurat in Mandeni. Ein neues Zentrum wurde eröffnet, in dem ehrenamtliche Helfer zum Helfen bereit sind. Simon sagte der Familie, dass er mit den Leuten im Pflege- und Sozialzentrum des Seligen Gerhard gesprochen hatte und dass sie mich am nächsten Tag in der Frühe besuchen würden. Der Morgen kommt, es ist ein schöner sonniger Tag, und ich fühle mich zum ersten Mal seit Monaten glücklich. Die Vorfreude ist kaum auszuhalten.

Schließlich kommen die Damen in Weiß und Schwarz um neun Uhr an. Sie wirken so nett. Aber sie sprechen Englisch. Wie soll ich ihnen da erklären, was ich möchte und wie es mir geht?

Es macht nichts. Simon sagt ihnen an meiner Stelle, was passiert ist. Eine Frau misst meinen Blutdruck und stellt eine Menge Fragen. Die andre zeigt so viel Mitgefühl, dass mir die Tränen kommen.

Sie versprechen, am nächsten Tag zu kommen und mich in dieses Zentrum nach Mandeni abzuholen. Obwohl ich glücklich bin, bin ich auch nervös. Wie wird es sein? Werden sie Zulu sprechen? Ist es ein Krankenhaus? Was wird geschehen, wenn ich etwas will, vielleicht eine Tasse Tee? Werden sie mich wieder heimbringen? Werde ich je wieder unabhängig sein?

Ich hätte mir überhaupt keine Sorgen machen sollen. Als wir am nächsten Tag im Pflege- und Sozialzentrum des Seligen Gérard ankamen, waren dort andere Leute wie ich. Mir war es nie bewusst geworden, dass ich nicht die einzige auf der Welt bin, die einen Schlaganfall erlitten hat.

Ich war gleichsam so in meinen eigenen Schmerz und in mein Selbstmitleid verstrickt, dass ich nie daran gedacht hatte, dass es jemanden geben könnte, der schlechter dran ist als ich. Die (ehrenamtlichen) Helfer sind so freundlich; und auch die Sprachbarriere, die es nun einmal gibt, macht nichts aus. Wir bekommen Tee und Gebäck , und dann beginnt die Therapie. Es ist nicht schwer, weil wir alle in einer Gruppe zusammen sind und jeder lacht und glücklich ist. Nach dem Mittagessen werden wir gefragt, ob wir gerne einen Mittagsschlaf halten wollen. Nur ein einziger Mann sagt ja. Die anderen sind so begeistert, dass wir nicht ruhen können. Wir gehen wieder hinaus auf die Terrasse, um mit Spaß, Gelächter und Freude weitere Übungen zu machen.

Für kurze Zeit sind all die Schmerzen und Leiden vergessen. Inzwischen ist es 16 Uhr geworden, und es ist Zeit, nach Hause zurückzukehren. In dieser Nacht habe ich geschlafen wie schon monatelang nicht mehr. Es gibt wirklich Hilfe für mich. Ich kann es gar nicht erwarten, bis ich am nächsten Morgen meine Rehabilitation fortsetzen darf.

Seit vier Wochen geht es jetzt immer nach dem selben Muster so weiter. Ich bin in der Lage aufzustehen und kann mit einer Krücke gehen, was mir die Bruderschaft des Seligen Gerard geliehen hat. Mein Arm ist noch sehr steif, aber Tag für Tag verbessert sich mein Zustand. Ich kann jetzt (wieder) sprechen, aber wichtiger als alles ist, dass ich neue Freunde gefunden habe.

Jetzt gehe ich nicht mehr ins Pflege- und Sozialzentrum, aber die (ehrenamtlichen) Helfer kommen zu mir nach und besuchen mich jede Woche. Ich freue mich auf jeden Dienstag, weil ich weiß, dass meine Freunde kommen. Mein Bein und meine Sprechfähigkeit verbessern sich zusehends, und jetzt gehe ich kurze Strecken schon ohne meine Krücke. Bald werde ich heimgehen können.

Ngiyabonga Nkosi

Danke, Herr!


Zurück zu allen Meldungen