Mrs Sibheko gab mir die 75 Cent (= 8 Euro-Cent), das war mein Tagesverdienst. Vom Zuckerrohrschneiden taten mir die Hände und der Rücken weh, aber darauf konnte ich keine Rücksicht nehmen. Eile war geboten, denn die Sonne würde bald untergehen. Bis nach Hause waren es nur 40 Minuten, aber ich musste doch noch eine Schuluniform für Lukas besorgen. Nahe am Nyoni Fluss lebt Familie Mthethwa, bei denen will ich noch vorbeischauen. Die jüngste Tochter ist tüchtig gewachsen, vielleicht bekomme ich für ein paar Rand ihre Schuluniform, ich könnte, statt Geld zu geben, auch kleine Arbeiten übernehmen. Seit mein Mann gestorben ist, ist es sehr schwierig geworden. Wir hatten nie viel Geld, aber nun weiß ich oft nicht wie ich meine sechs Kinder überhaupt ernähren soll. Es gibt keine Wahl, ich muss eine Uniform bekommen, wenn die Kinder nicht zur Schule gehen haben sie gar keine Chance. Es ist dunkel als ich zuhause ankomme, eine Uniform unter meinem Arm. Wir leben nun zu siebent in unserer Zulu-Hütte. Die Kinder haben bereits alles zum Schlafen vorbereitet. Lukas freut sich und tanzt vor Vergnügen: Ich gehe zur Schule, ich gehe zur Schule…
Ich lösche die Kerze und wir versuchen zu schlafen. Ich muss morgen sehen, dass ich etwas Mais bekomme, wir haben nichts mehr im Haus.
Ja so war das damals, Anfang der 80er Jahre, strahlt mich die ältere Dame an: Das war unser Leben. Und ich habe es geschafft, für alle sechs! Alle sind zur Schule gegangen. Bei meiner Patricia dachte ich einmal nun ist es aus. Das Schuljahr begann und wir hatten nichts. Keinen Cent Geld im Haus, keine Uniform, sie ist die größte und konnte nichts auftragen. Ich hatte einen Wochenverdienst von R 6.00 (= 60 Euro-Cent) und sechs Kinder die ich kleiden und ernähren musste. Aber unser Herrgott hat geholfen und Patricia konnte weiter zur Schule gehen. Geändert haben sich unsere Bedingungen erst in den 90er Jahren. Die Kinder waren herangewachsen und wir schliefen, lebten und kochten immer noch in unserer alten Hütte. Patricia bekam Arbeit in iSithebe, aber sie brachte kaum Geld nach Hause. Mir gab man nach den politischen Veränderungen eine kleine Rente, davon konnten wir die Küche bauen.
Patricia war nicht lange in iSithebe, vielleicht 6 Monate. Danach half sie zu Hause, ein ganzes Jahr. Mit der neuen Küche war es möglich noch preiswerter zu kochen. Und dann war da dieser Sonntag, an dem alles begann. Wir halfen Pfarrbriefe austragen und ich las natürlich auch was da geschrieben war. Pater Gerhard suchte neue Mitarbeiter für sein Carezentrum in Mandeni und für seine Vorschule und Kindergartenin Whebede. Ich habe den Pfarrbrief sofort Patricia gezeigt und gesagt, sie solle anrufen. Wir kannten doch den Pater, er war ja unser Pfarrer und wir wussten, dass er helfen würde wenn es möglich ist. Am selben Tag noch lief meine Große zum Kiosk und telefonierte. Frau Kalkwarf war am Apparat und sagte, sie solle am Montag ins Carezentrum nach Mandeni kommen. So ist sie hingefahren. Sie wollte im Carezentrum arbeiten, aber Pater Gerhard hat ihr gesagt, dass sie sich doch in der Region Whebede gut auskenne und es auch nicht zu weit von unserem Heim entfernt sei. So sagte sie zu, im Kindergarten zu arbeiten. Erst musste sie für zwei Monate zu einer Ausbildung, aber dann, Diakon, dann war Brot da! Wir hatten Brot im Haus, Brot und Margarine. Ich hatte da - sie weist mit der Hand in Richtung Küche - einen Topf Margarine stehen. Und wir konnten sogar hin und wieder Brei für die Kleinen kaufen. Mehr als 12 Jahre waren seit dem Tod meines Mannes vergangen, 12 Jahre, die waren so schwer. Und nun war plötzlich alles da!
Alles wurde jetzt sehr viel einfacher. Wir sind der Bruderschaft so dankbar, so dankbar. Alle Kinder konnten problemlos die Schule besuchen. Der Bruder meines verstorbenen Mannes war inzwischen gestorben, weil seine Frau ebenfalls bereits tot war kamen seine fünf Kinder zu mir. Es ging, weil wir ja Geld hatten. Als Zanele die Schule beendet hatte konnte sie mit dem Geld, das Patricia verdiente, einen 2-jährigen Computerkurs absolvieren. Weil sie trotzdem keine Arbeit fand begann sie als freiwillige Helferin ihrer Schwester im Kindergarten zu helfen. Später wurde auch sie als feste Mitarbeiterin von der Brotherhood of Blessed Gérard eingestellt. Ihrem Bruder konnte Patricia den Führerschein finanzieren. Diakon, sieh dich doch um, schau dich doch um, all das verdanken wir ihm, unserem Pater Gerhard.
Ein echter Zulu-Kraal ist entstanden, Mutter, inzwischen längst Großmutter, Zikhali lebt mit ihren sechs Kindern, den fünf ihres Bruders und 10 Enkeln zusammen. Und nun haben Kinder und Enkel ihrer Mami und Oma ein neues Haus bauen können.
Noch sind die Räume leer, aber voller Freude und Stolz zeigt uns Oma ihr neues Reich und mit strahlenden Augen erzählt sie, welche Bestimmung die einzelnen Räume haben werden.
Die Bruderschaft als Stein, der ins Wasser fällt, wie es in einem der geistlichen Lieder heißt: Ins Wasser fällt ein Stein, ganz heimlich still und leise. Und ist er noch so klein, er zieht doch weite Kreise. Wo Gottes große Liebe in einen Menschen fällt, da wirkt sie fort, in Tat und Wort, hinaus in unsre Welt.
Die Festanstellungen von Patricia und später auch noch von Zanele haben einer Familie neue Lebenschancen eröffnet. Sie nahmen diese Chance als Geschenk und Segen Gottes an und sie schenkten weiter was sie empfangen hatten.
21 Kinder und Enkelkinder, die ersten längst erwachsen, leben hier als Familie zusammen; in einem geschützten Rahmen mit Schulbildung, regelmäßiger Nahrung und einem festen Dach über dem Kopf; die erwachsenen Schwestern bereiten Jahr für Jahr in unserer Vorschule 40 und mehr Kinder auf den Start ins Schulleben vor und legen so den Grund für unzählige Familien ebenfalls eine Chance zu bekommen. Verschenke was du selbst geschenkt bekamst und die Frucht wird 30-fach sein und 60-fach und 100-fach.
Hilfe die Kreise zieht. Weil es Menschen gab, die die Bruderschaft durch Spenden und
Mitgliedsbeiträge unterstützen, konnte die Brotherhood of Blessed Gérard der Familie Zikhali helfen, die daraufhin ihrer ganzen Sippe neue Lebenschancen eröffnen konnte und segensreich in der Region Whebede wirkt. Allein Gott weiß wie vielen Menschen dadurch das Leben gerettet und wie viele Lebensgeschichten positiv beeinflusst wurden.
Möge unser Himmlischer Vater allen reich vergelten was sie Gutes angestoßen und getan haben.
Diakon Thomas Müller nach einem Besuch bei Familie Zikhali im November 2007