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Der Reichtum der Ärmsten der Armen – Wenn Bettler zu Helfern werden (30.1.2018)
Das Hilfe-zur-Selbsthilfe Modell „Begeistern – Befähigen – Begleiten“
25 Jahre Dienst in der AIDS-Hochburg der Welt
85 Jahre war er alt, der gute alte Pater Gottschalk Kunsteiger OFM, als ich ihn im Oktober 1990 als Pfarrer in Mangethe / Südafrika ablöste. Er war die Güte und Frömmigkeit in Person. Wenn man ihn suchte, war er entweder in der Kirche oder saß auf einem der Grabsteine im Friedhof außerhalb und tat immer dasselbe: Er betete. Unterbrochen wurde er nur von seinen kärglichen Mahlzeiten und das war dreimal täglich Hühnerleber und in Wasser aufgeweichte Trockenfrüchte und zwei Scheiben Brot wovon er eine selber verspeiste und die zweite in kleine Stückchen zerzupfte und an die Vöglein draußen verfütterte. Sein Habit war mehr als abgetragen, mit mehreren draufgenähten Flicken und gut gewürzt mit dem was dem klapprigen Greis entglitten war. Todunglücklich war er mal als gute Frauen aus der Pfarrei seinen Habit buchstäblich entwendet, gewaschen, ordentlich geflickt, gebügelt und wieder zurück geschmuggelt hatten. Abends war er ungewöhnlich gesellig. Sein Wohnzimmer war stets zum Bersten voll mit Menschen, denen man ansah, dass sie nicht mit Gütern gesegnet waren, und die mit ihrem Pater Fußball oder sonst was guckten, was der museumsüberreife Fernseher hergab. Nur allzu oft wurden dann bei ihm Dinge entwendet, die aber keineswegs wieder zurückgeschmuggelt wurden. Mehr oder weniger freiwillig verteilte er später Geldscheine was im Endeffekt dazu führte, dass sich vor seiner Pfarrhaustür bei der man vorsichtshalber das Schloss zerstört hatte, Schlangen von Menschen bildeten, die auf ihre Zuteilung warteten.
Dass ich dem Spuk ein schnelles Ende bereitet habe nachdem Pater Gottschalk endgültig an seinen Alterssitz nach Mbongolwane übersiedelte brauche ich hoffentlich nicht zu rechtfertigen.
„Ngilambile“ (Ich habe Hunger) und „Ngicel‘ umsebenzi“ (Ich bitte um Arbeit) sind hierzulande die häufigsten Bitten, die wohl nicht nur an jeder Pfarrhaustür und Klosterpforte von Bittstellern an uns herangetragen werden. Die einen schaffen sich den Bettler mit einer Münze oder einem Geldschein vom Hals, andere bewirten den Hilfesuchenden mehr oder weniger aufwändig, wieder andere lassen das Auto waschen, den Hof kehren oder sonst eine Gelegenheitsarbeit verrichten, die dann mit ein paar Groschen belohnt wird. Nur allzu häufig werden Bettler aber mehr oder weniger freundlich abgewiesen, wenn ihnen dann nicht auch noch der Hund nachgehetzt wird.
Ich behaupte keinesfalls die Weisheit mit dem Löffel gegessen zu haben, noch ein „Grö-Mi-a-Z“ (Größter Missionar aller Zeiten) sein zu wollen – wie in unseren Kreisen manchmal Mitbrüder spöttisch bezeichnet werden, die mehr als das Übliche tun – aber ich stelle Ihnen gerne vor, welche Lösungsversuche ich angestoßen habe, um an der Armut und Not der Menschen an der Stelle, an die mich mein Ordensoberer (und der Bischof) hingestellt haben, nicht wie der Priester oder Levit im Gleichnis vom Barmherzigen Samariter tatenlos vorbeizugehen:
Also dann, kurze Situationsbeschreibung: Im Oktober 1990 wurde ich als Pfarrer nach Mangethe geschickt und im April 1991 wurde mir zusätzlich die Pfarrei Mandeni anvertraut. Das ist das Gebiet zwischen dem Indischen Ozean im Osten, dem Amatikulu-Fluß im Norden, dem Nembe-Fluß im Westen und dem Tugela-Fluß im Süden. Dort lebt schätzungsweise eine Viertelmillion Menschen, die meisten davon weit unter der sogenannten Armutsgrenze.
Eine Papierfabrik und später ein dezentrales Industriegebiet, das in seinen Glanzzeiten einmal 40 000 Arbeitsplätze bot, hatte Tausende von Familien hierhergelockt, doch Arbeit gibt es mittlerweile nur noch für Wenige. Inzwischen wird woanders noch billiger produziert. Zurück blieben verarmte Familien, Frust und Verzweiflung, Drogen und eben auch HIV. Zwei Drittel der Bewohner der Provinz kwaZulu/Natal sind mit dem tödlichen Virus infiziert, in Mandeni über drei Viertel, und das ist ein trauriger Rekord: Man nennt uns die AIDS-Hochburg der Welt.
Eines Tages wurde ich zu Maria Mathonsi gerufen um ihr die Krankenkommunion zu bringen, weil sie im Sterben lag. Als ich zu ihr kam, sah ich, dass sie sehr schlecht beisammen war, dass sie ganz schlimme Bettgeschwüre hatte, und dass sie völlig ausgezehrt und völlig ausgemergelt war. Ich habe ihr natürlich die Krankenkommunion gespendet und auch die Krankensalbung, habe aber dann nachher zu ihr gesagt: „Würden sie mir doch bitte erlauben, dass ich Sie zu einem guten Arzt bringe, denn ich denke, den brauchen sie wirklich.“ Und dann sagte sie: „Ja, ich habe doch überhaupt kein Geld, ich kann mir das gar nicht leisten.“ Darauf antwortete ich: „Lassen Sie das ruhig mal meine Sorge sein!". Dann hat sie zugestimmt. Ich habe sie hinten auf meinen Pick-up gelegt auf eine Matratze und dann zum Arzt gebracht. Der Arzt war unser Pfarrgemeinderat Dr. Thabethe, der in der Township Sundumbili, dem größten Stadtteil von Mandeni, eine Arztpraxis unterhält. Als wir dorthin kamen, sagte er: „Um Gottes Willen, die ist ja so schlimm beisammen, die muss unbedingt sofort ins Krankenhaus.“ Sie wurde dann ins Krankenhaus gebracht und starb dort in derselben Nacht. Als ich Dr. Thabethe später wieder getroffen habe, sagte er zu mir: „Mensch, Pater, könnten wir denn gar nichts unternehmen? Es gibt hier so viele Menschen, die einfach an Vernachlässigung und Unterernährung sterben und daran sollte keiner sterben müssen.“ Und dabei hat er natürlich bei mir offene Türen eingerannt.
„Offene Türen“ weil ich seit knapp 50 Jahren Malteser bin und dort gelernt habe wie man hilft und wie man Hilfe organisiert.
Freilich hätte ich in der Malteserzentrale anrufen können und um die Entsendung von Ärzten, Pflegepersonal und Helfern bitten können, um hier mal so richtig mit deutscher Gründlichkeit und Know-how mit den Nöten der Menschen „aufzuräumen“. Das hätte sicher die Symptome gelindert, aber das Problem nicht an der Wurzel gepackt.
Das Schlagwort von der „Hilfe zur Selbsthilfe“ ist zwar sehr abgedroschen, aber dennoch die weitaus bessere Lösung.
Deshalb haben Dr. Thabethe und seine Frau, eine akademisch gebildete Krankenschwester, Geoff und Clare Kalkwarf, die damals eine Firma in unserer Pfarrei betrieben haben, und ich am 28. Oktober 1992 gemäß Kirchenrecht einen „Privaten Verein von Gläubigen“ gegründet. Der satzungsgemäße Zweck des Vereins „ist es die Ehre Gottes zu mehren und in gemeinsamem Mühen bestrebt zu sein, ein Leben höherer Vollkommenheit zu pflegen, indem sich die Mitglieder in caritativen Werken dem Apostolat der Katholischen Kirche widmen, um "den Armen unseres Herrn Jesus Christus" zu dienen und ihnen damit unter dem Motto "tuitio fidei et obsequium pauperum" (Verteidigung des Glaubens und Hingabe an die Armen) Gottes liebende Sorge zuteilwerden zu lassen. Die Bruderschaft und ihre Mitglieder haben den Vorsatz, gemäß den Nöten der Menschen in ihrem Einzugsgebiet und gemäß ihren eigenen Möglichkeiten, caritative Aufgaben zu übernehmen.“
Aus den fünf Mitgliedern bei der Gründung ist mittlerweile nach 25 Jahren die größte katholische Hilfsorganisation Südafrikas geworden mit knapp 2600 Mitgliedern.
Die Dienste haben sich „gemäß den eigenen Möglichkeiten“ auch schrittweise entwickelt.
- 1992 beginnt der Hilfsfonds für arme Kranke,
- 1993 der Nothilfe-Fonds, der Stipendien-Fonds, die Klinik für unterernährte Kinder, die Haushaltsschule, der erste Seniorenclub, die Nähschule,
- 1994 das AIDS-Aufklärungsprogramm, der Kindergarten,
- 1996 das Katastrophenhilfe-Programm und das Pflege-, Sozial- und Hospizzentrum (Care Zentrum),
- 1999 der Erste Hilfe und Notdienst,
- 2000 das Kinderheim,
- 2003 das AIDS-Behandlungs-Programm
Seither liegt das Haupt-Augenmerk auf der Aufrechterhaltung und dem Ausbau dieser Dienste. Wir liebäugeln zwar mit der Errichtung einer Krankenpflegeschule und einer beschützenden Werkstätte für Behinderte, doch gut Ding braucht Weile und bislang konnten wir aus unterschiedlichen Gründen diese Träume noch nicht wahr werden lassen.
Wir können in den gut 25 Jahren seit unserer Gründung mit recht imposanten Statistiken prahlen, aber worauf wir noch stolzer sind, das sind ist die Tatsache, dass uns so viele Patienten schon gesagt haben: „So lieb wie Ihr war noch keiner zu mir in meinem ganzen Leben“. Wenn wir am Welt-AIDS-Tag mit den Patienten in unserem AIDS-Behandlungsprogramm ein „Fest des Lebens“ feiern und die große Schar singend und tanzend sich ihres Lebens freut kommen mir Freudentränen in die Augen, weil die ganze Schar ohne unsere Hilfe längst tot wäre.
Lassen Sie mich auszugsweise nur wenige Statistiken nennen, denn Vieles unserer Hilfstätigkeit kann statistisch gar nicht erfasst werden:
In diesen 25 Jahren seit Gründung der Brotherhood of Blessed Gérard
- haben wir 1560 AIDS-Patienten mit der lebenslangen Therapie behandelt
- Über 2100 mittellosen und verzweifelten Menschen haben wir durch unseren Nothilfefonds ermöglicht, ein neues Leben zu beginnen.
- 5140 unheilbar kranke Menschen wurden in unser stationäres Hospiz aufgenommen.
- durch unser Hauskrankenpflege Programm haben wir über 4800 verzweifelte Kranke betreut - einige von ihnen über Monate und Jahre.
- Wir haben über 6 ½ Tausend Patienten mit dem Krankenwagen zumeist von ihrem Zuhause zu unserem Hospiz transportiert.
- Wir haben 2700 unheilbar kranke Menschen ambulant behandelt, viele von ihnen über einen sehr langen Zeitraum.
Alle diese Dienstleistungen wurden kostenlos erbracht und oft haben wir nicht einmal ein "Danke" dafür bekommen.
Was die imposanten Statistiken allerdings gar nicht erwähnen ist der vielleicht noch größere Nutzen unserer Organisation, dass wir ein beliebter Arbeitgeber geworden sind. Bei der katastrophalen Arbeitslosigkeitsrate hierzulande bedeutet die Tatsache, dass wir 87 Menschen recht angemessene Gehälter zahlen enorm viel. Denn von jedem Verdiener ist eine ganze Traube von arbeitslosen Familienmitgliedern abhängig. Ein Gehalt füllt in der Regel 10 bis 20 hungrige Mägen. Damit werden sozusagen ganz nebenbei ca. 1500 Menschen täglich mit dem Nötigsten versorgt. Schon deshalb wäre es sozial ungerecht, wenn wir nur Hungerlöhne bezahlten.
Die 87 Hauptamtlichen werden von einer Schar von über 1500 Ehrenamtlichen unterstützt, von denen wir selber über 1000 zu Schwesternhelferinnen bzw. Pflegediensthelfern und über 200 zu Ersthelfern/innen ausgebildet haben.
Die meisten von ihnen waren zuvor oder wären wohl sonst als Bettler an unsere Tür gekommen mit der Bitte: „Ngilambile“ und „Ngicel‘ umsebenzi“. Nein, wir haben Bettler zu Helfern gemacht. Der Reichtum selbst der Ärmsten der Armen besteht darin, dass auch sie ein Herz und Hände haben, die für andere da sein können. Wir haben sie begeistern können, befähigt und begleiten sie nun, ihrem Leben einen Sinn, einen Inhalt und eine Richtung zu geben, dadurch, dass sie für andere Menschen da sind und dabei herauskommen aus dem Milieu der Armut und der Gewalt, in dem sie sonst leben.
In großer Dankbarkeit
Ihr Pater Gerhard Lagleder OSB
24 Stunden im Leben der katholischen Kirche - 12. April 2005
Ein dokumentarisches Großereignis:
Das weltweite Wirken der katholischen Kirche, festgehalten in Bildern von einem einzigen Tag. 12. April 2005:
46 international renommierte Fotografen machen sich auf den Weg, um auf der ganzen Welt die Arbeit der katholischen Kirche zu dokumentieren. Traditionelle Gottesdienste, Gläubige aller Kontinente, aber vor allem Brüder und Schwestern im aufopferungsvollen Engagement für ihre Mitmenschen stehen im Zentrum dieses faszinierenden Bildbands, der mit der Unterstützung des Vatikans entstand. Zu jeder Minute des Tages ist die katholische Kirche aktiv, seelsorgerisch und im sozialen Bereich, als Bildungsinstitution, Friedensstifterin und Verkünderin der Botschaft Christi. Auf Initiative des Fotografen und Autors Hans-Günther Kaufmann wird dies erstmals umfassend dargestellt – durch die Vermittlung des Vatikans auch an Orten und in Institutionen, die der Öffentlichkeit bisher nicht zugänglich waren. Von Irland bis Südafrika, von Los Angeles bis Manila: Hunderte von bewegenden Farb- und Schwarzweißaufnahmen zeigen die katholische Kirche als Global Player der Menschlichkeit.
Über den Autor Hans-Günther Kaufmann, 1943 in Tours/Frankreich geboren, arbeitete seit seinem 18. Lebensjahr als Mode- und Werbefotograf. Eine Lebenskrise und die Freundschaft mit Abt Odilo Lechner lösten eine radikalen Wandel seiner Interessen aus. Seither versucht er mit dem Medium der Fotografie und des Films die existentiellen Grundlagen christlicher Werte zu vermitteln. Er lebt mit seiner Familie in Oberbayern.
Aus dem Vorwort:
"Tatsächlich aber entstand die Idee (dieses Buches) ... aus der Frage heraus, was Kirche und Glaube uns heute, in einer ökonomisch geprägten Gegenwart, zu sagen haben; aus dem Bedürfnis heraus die Menschen in den Vordergrund zu rücken, die dem Wort Jesu Christi Taten folgen lassen, indem sie ihr Leben in den Dienst ihrer Mitmenschen stellen; und aus dem Wunsch heraus, den Menschen, die der Kirche fern stehen, dieses beeindruckende Universum zu öffnen."
Hans-Günther Kaufmann
im Juni 2005
Ein Stück Afrika wie kein Tourist es kennt - 1993
Ich habe immer geglaubt, dass ich bereits viel gesehen habe, denn durch den Genuß der audiovisuellen Medien besitzen wir die Möglichkeit, uns ein Bild davon zu machen, wie es in anderen Teilen der Erde zugeht. Der Unterschied aber liegt darin, dass man sich das, was man also sieht, kaum bewußt macht. Schließlich sind wir tagtäglich einer wahren Überflutung an Informationen ausgesetzt, und in unserem Gedächtnis werden die Nachrichten mit den Seifenopern, Horror- und Gewaltfilmen oder auch Unterhaltungsshows bunt durcheinandergewürfelt. Trotz meiner "Fernsehbildung" also haben mich die Lebensumstände in diesem Teil Südafrikas zunächst stark verwirrt.
Natürlich "wußte" ich bereits, dass in diesem Land Reich und Arm sehr nah beieinander oder besser: eng miteinander verknüpft sind, jedoch machte ich mir keinen wahren Begriff davon, wie Leben unter solchen Umständen tatsächlich zu empfinden ist.
Hier in Mandeni und Umgebung habe ich bereits in kurzer Zeit so viele Kontraste wahrgenommen, dass ich wirklich nur noch sprachlos staunen konnte.
Schon als ich nach meiner Ankunft in Durban aus dieser Millionenstadt hinausfuhr, boten sich mir Bilder, in denen pompöse Villen direkt neben baufälligen Blechhütten standen. Wir fuhren auf einer nagelneuen gut ausgebauten Autobahn vorbei an Townships und Slumgegenden schockierendster Art, deren "Verbindungsstraßen" oft eher ausgetrampelten Wildfährten gleichen.
In solchen Gegenden leben die Menschen teilweise in kleinsten, primitivsten Hütten, die sie sich aus Wellblech, Brettern, alten Säcken, Autowrackteilen und Verpackungskartons zusammengestückelt haben.
In vielen der Siedlungen existieren nicht einmal Brunnen, geschweige denn fließendes Wasser, sondern nur Tümpel, die sowohl von den Kindern als Toilette, wie auch von den Rindern als Tränke und Badewanne genutzt werden, und die Männer und Frauen müssen oft weite Strecken zurücklegen, um dieses abgestandene Wasser zum Trinken (ohne es abzukochen !), Waschen, Kochen und Putzen zu ihren Hütten zu schleppen. Elektrizität ist für viele noch ein Fremdwort, wohingegen die reichere Bevölkerung, wie in Amerika oder Europa u.s.w. auch, sich ein Leben ohne Strom gar nicht mehr vorstellen kann.
Der Durchschnittslohn eines schwarzen Fabrikarbeiters beträgt monatlich umgerechnet ca. zwischen 70 und 200 DM, die Lebenshaltungskosten aber liegen in vielerlei Hinsicht wenig bis gar nicht unter denen, die wir gewöhnt sind.
Mandeni selbst hat zwar ein geräumiges Industriegebiet, das etwa 23.000 Arbeitsplätze bietet. Genau aus diesem Grund sind allerdings weit mehr Arbeitsuchende zugewandert, als tatsächlich Beschäftigung finden konnten. Die Folgen sind (logischerweise) weitverbreitete Arbeitslosigkeit und Hand in Hand damit die beschriebene Armut, welche wiederum sehr schlechte bis gar keine Bildung und eine erschreckende, hohe Kriminalrate mit sich bringt.
So waren meine ersten Eindrücke hier, wenn nicht frustrierend, so doch zumindest äußerst "ungewöhnlich", aber ich lernte sehr schnell, meine europäischen Maßstäbe abzulegen und mich auf die Umstände einzulassen.
Sobald mir das gelungen war, wurde mir eine Erfahrung zuteil, die mich erfreulich überraschte: die Zeiten dass "die" Weißen "die" Schwarzen absichtlich und brutalst unterdrückten und bekämpften, scheinen offensichtlich überholt zu sein. Anstelle dessen versuchen hier alle - gemeinsam! - mit großem Eifer, Lösungen für die schwerwiegenden Probleme zu finden.
dass dies möglich ist, habe ich selber in der Südafrikanischen Hilfsorganisation des Malteser-Ordens, der Brotherhood of Blessed Gérard erlebt. Dort kann jeder aktiv und passiv seinen Beitrag leisten, und es ist wunderschön zu sehen, wie selbstlos viele mit ihrem persönlichen Einsatz bereits in so kurzer Zeit (gerade ein Jahr ist seit der Gründung vergangen) einige Schritte vollzogen haben, was nicht zuletzt mit Hilfe der Gelder, die von großzügigen Spendern und Mitgliedern kamen, möglich war.
Um Ihnen ein genaueres Bild von dem zu geben, was ich beobachten und erfahren konnte, werde ich nun auf die Projekte im einzelnen eingehen.
HILFE ZUR SELBSTHILFE - SIZANANI!
Das Entwicklungshilfe-Zentrum hat sich inzwischen gut etabliert. Seit der Eröffnung im Juni 1993 finden Ganztagskurse im Nähen statt, geleitet von einer jungen, zur Fachkraft ausgebildeten Zulu.
Zunächst findet ein 6-wöchiger Grundkurs statt, in dem Grundregeln und die Benutzung der einzelnen Werkzeuge anhand einfacher Dinge wie Laken, Kopfkissen etc. gelernt werden. Darauf folgen ein 6-wöchiger Aufbaukurs und ein 4-wöchiger Fortbildungs- kurs, in denen der Schwierigkeitsgrad vom Nähen einfacher Kinderkleidungsstücke bis zu raffinierten Mehrteilern gesteigert wird.
Bei meinem Besuch war ich angenehm überrascht über die saubere Arbeit, die die Mädchen und Frauen hierbei leisten, denn die angefertigten Kleidungsstücke konnten durchaus mit denen aus Modeboutiquen konkurrieren.
Abgesehen von der Freude, die ihnen das Nähen als neue Aufgabe bzw. Herausforderung bereitet, gibt es ihnen eine zusätzliche Möglichkeit, sich selbständig zu machen.
Viele Frauen sind in der Sorge um die Großfamilie auf sich allein gestellt, da der Mann entweder arbeitslos ist oder sie sogar mit den Kindern im Stich ließ. Durch die Fähigkeit zu Nähen können sie dann die eigene Kleidung wenigstens zum größten Teil selbst herstellen und sich teures Einkaufen sparen oder aber auch ihre Arbeit verkaufen. Sie verdienen also eigenes Geld, wodurch ihr Selbstbewusstsein ebenfalls enorm gestärkt wird.
Das Hauptproblem für die Bruderschaft besteht zur Zeit darin, dass sich die meisten Frauen, v.a. gerade jene, die eine solche Ausbildung am dringendsten benötigen, diese trotz des geringen Kursbeitrages (Grundkurs: 300,- Rand = ca. 150,- DM einschließlich Materialkosten; Aufbaukurs: ca. 100,- DM + Materialkosten; Fortbildungskurs: ca. 150,- DM + Materialkosten) nicht leisten können. Darum ist es wünschenswert, die Beiträge weiter zu senken, die aber schon jetzt kaum die Kosten decken, um Material anzuschaffen und den Gehalt der Lehrerin zu bezahlen, so dass die Bruderschaft weiterhin auf Spenden angewiesen ist, wenn sie gerade bei den Ärmsten erfolgreiche Hilfe zur Selbsthilfe leisten möchte.
Ferner fehlen bislang noch gänzlich die Mittel für die weiteren geplanten Projekte in diesem Rahmen, wie Ausbildung in Gesundheitslehre, Krankheitsvorbeugung und Gartenbau.
HUNGERHILFE - FEEDING SCHEME
Besonders schockierte mich der Besuch in Dr. Thabethes Praxis bei einer der Sondersprechstunden für unterernährte Kinder. Auf den Holzbänken entlang der Wand saßen zahlreiche junge und alte Mütter mit Kindern, deren Alter wiederum man nicht zu schätzen in der Lage war. Als ich mir die winzigen Geschöpfe mit den hervortretenden Kulleraugen und ihre Verfassung ansah, glaubte ich, dass die meisten kaum älter als 6 bis 8 Monate sein konnten. Tatsächlich aber waren manche bereits weit über ein Jahr alt! Ich war zutiefst entsetzt, zumal ich erfuhr, dass der Grund für diese Entwicklungsverzögerung eben in der Unterernährung liegt, die nach wie vor unter Teilen der Bevölkerung um sich greift.
Als Initiative der Bruderschaft hält Dr. Thabethes Frau - selbst gelernte Krankenschwester - regelmäßig alle 2 Wochen jene Sondersprechstunden ab, zu denen die Betroffenen oft kilometerlange Wege zu Fuß aus den Slums oder aus dem Busch zurücklegen müssen.
Über die körperliche Untersuchung hinaus werden die Kinder gewogen und die Fortschritte registriert, die sie seit Bekämpfung der Mangelerscheinungen aufweisen; wenn nötig, werden sie ärztlich behandelt. Anschließend werden die Mütter für die nächsten zwei Wochen mit ausreichend Milchpulver und Aufbaukost, die von der Bruderschaft zur Verfügung gestellt werden, versorgt.
Damit aber das Problem der Unterernährung langfristig vollständig in den Griff bekommen bzw. hoffentlich gänzlich aufgehoben werden kann, findet nebenher stets eine gewissenhafte und der einzelnen angepaßte Beratung in Ernährungslehre und Hygiene (als Basis für konstante Gesundheit) statt.
Ich bewunderte, wie Mrs. Thabethe es vermochte, den Frauen soviel Mut zu machen, dass sie tatsächlich erleichtert und wie von einer großen Last wenigstens zum Teil befreit die Praxis wieder verließen.
Der psychologische Aspekt ist hier nämlich mindestens genauso wichtig, denn oft besteht die Ursache der Unterernährung auch in Unwissenheit und Mangel an Erfahrung - kein Wunder: die jüngste "Mutter" zählt selbst gerade mal 13 Jahre.
Die Sondersprechstunden heben die Hilflosen aus ihrer Isoliertheit heraus und nehmen ihnen das Gefühl der Angst, vollkommen alleine gelassen zu sein. Beispielsweise mussten wir feststellen, dass ein Kind einer der jüngeren Mütter aufgrund der Unterernährung bereits einen Gehirnschaden davongetragen hatte. Eine Entdeckung, durch die der Kloß, der mir ohnehin in Anbetracht des Elends bereits im Halse saß, noch anschwoll; für eine so junge Frau allerdings ein so schwerwiegendes und folgenreiches Problem, mit dem sie über kurz oder lang auch nichts anzufangen weiß. So versucht Mrs. Thabethe nun eine dauerhafte Lösung für dieses Kind zu finden.
Auch das komplexe AIDS-Problem kommt hier wiederholt zur Sprache, worauf ich allerdings in Verbindung mit einem anderen Projekt noch näher eingehen werde.
Was meinem Entsetzen über die Grausamkeit, die solch extreme Armut unweigerlich mit sich führt, etwas Linderung schuf, war die erfreuliche Tatsache, dass die meisten Registrierkarten seit der kurzen Zeit, in der den Bedürftigen in dieser Art geholfen wurde, bereits erfolgreiche Auswirkungen zeigte. Ein sicherer Beweis dafür, dass hier ein Basisproblem, das längst überholt sein sollte, in der rechten Weise angegangen wurde!
HAUSHALTSSCHULE
Auch die Haushaltsschule behandelt grundlegende und deshalb wichtige Dinge. Wie ich bereits erwähnte, sind nur sehr wenige der Schwarzen mit Elektrizität vertraut, so dass sie weder deren Gefahren kennen noch mit Elektrogeräten sicher umzugehen verstehen. Auch ein Telefon zu benutzen bereitet vielen von ihnen nicht zuletzt aus Mangel an Sprachkenntnissen - v.a. die älteren oder extrem armen Frauen sprechen nur wenig Englisch - große Schwierigkeiten.
Auch wenn uns diese Probleme simpel erscheinen mögen, so haben sie trotzdem zur Folge, dass es für diejenigen, die bereit und fähig sind, im Haushalt zu arbeiten und Geld zu verdienen, unmöglich ist, tatsächlich eine Stelle zu finden. Auch ich würde mich nicht sicher fühlen mit einer Haushälterin, die wiederholt den Herd angeschaltet zurückließe oder mit dem Bügeleisen meine Kleidung ansengte. Jedoch gerade weil diese Barrieren so simpel sind, kann man ihnen leicht Abhilfe schaffen, und dies genau ist Ziel der Haushaltsschule der Bruderschaft.
Ein Kurs dauert drei Wochen, darin Englisch-Unterricht (natürlich angepaßt auf den Haushalt) abgehalten wird, Gefahren und Nutzung von Elektrizität erklärt, einfache und schnelle Gerichte zubereitet, sowie Flicken, Stopfen und Bügeln beigebracht werden. Auch Hygiene und Sauberkeit sind ein großes Thema, wie alles andere, was man sich im Haushalt vorstellen mag.
dass diese Kurse eine weitere, wenn auch einfache so deshalb nicht weniger wichtige Hilfestellung darstellen, zeigt das rege Interesse, auf das sie bei den Zulu-Frauen stoßen, und so wurde von Anfang an monatlich ein Kurs mit etwa drei bis fünf Teilnehmerinnen durchgeführt.
Wie ich schon manchmal zuvor erklärte, erstaunt oder überrascht gewesen zu sein, so besteht der Grund diesmal in der eifrigen Wißbegier und daraus folgenden Genauigkeit, mit der sich die "Schüler" ihrer Ausbildung widmen. Hierdurch entwickelt sich eine Eigendynamik, durch die die Kurse sich ständig verbessern, indem die Frauen sich permanent in den Dingen, die sie besonders interessieren, selbst einbringen. Eine der "Lehrerinnen", d.h. der freiwilligen Helferinnen, die einen Teil ihrer Freizeit diesem Unterricht opfern, erklärte mir lachend, sie würde manchmal so viele "Warums" und "Wiesos" gefragt, dass sie sich beinahe wie im Kreuzverhör vorkäme.
Letztendlich hebt der große Eifer auch die Stimmung auf beiden Seiten, und ich sah eine weitere Äußerung bestätigt, nämlich dass "Lehrerinnen" und "Schülerinnen" nach Beendigung der Kurse nahezu als Freunde auseinander- gingen.
So gewinnen die Zulu- Frauen auch hier größeres Selbstvertrauen und den Mut, ihren eigenen selbständigen Weg zu gehen, sich einer neuen Aufgabe zu widmen, durch die sie zusätzlichen Verdienst und Unabhängigkeit zu gewinnen in der Lage sind.
Den schönsten Erfolg empfanden die Initiatoren in dem spontanen Beschluß einer Teilnehmerin, ihrerseits den jungen Mädchen und Frauen ihres Dorfes ihre neu errungenen Fähigkeiten weiterzugeben. Ist das etwa nicht genau jene "Lawine", die man ins Rollen bringen möchte, wenn man mit dem Schlagwort "Hilfe zur Selbsthilfe" hantiert?!
Pflege- und Sozialzentrum & AIDS-HILFE
Das geplante Pflege- und Sozialzentrum ist noch immer in Vorbereitung, da der Bruderschaft aufgrund der politischen Situation die Hände gebunden sind; denn im April sind die Wahlen und so tut sich die Regierung mit jedweder Art von Entscheidung zur Zeit sehr schwer.
Die organisatorische Planung ist soweit gediehen, dass intensiver Kontakt zu ähnlichen Institutionen aufgenommen und gepflegt wird, um dadurch Anregungen und hilfreiche Tips zu erhalten. Wenn dann endlich von der Regierung grünes Licht signalisiert wird, kann man umgehend und gut vorbereitet in die aktive Arbeit einsteigen.
Das Pflege- und Sozialzentrum wird dann eine Art Brücke zwischen den hoffnungslos überfüllten Krankenhäusern und den hilflosen Familien der Kranken darstellen. Die Situation bedingt es, dass die vorhandenen Krankenhäuser ihre Patienten viel zu früh entlassen, d.h. bevor sie vollständig gesundet sind. Dadurch werden wiederum die Angehörigen völlig überfordert, denn sie wissen zuwenig über Krankenpflege. Aufgrund dieser Tatsache existieren hierzulande nach europäischem Maßstab oft undenkbare und skandalöse Ursachen für den Tod eines Menschen. Zum Beispiel wurde einer ca. vierzigjährigen Frau durch die Bruderschaft die Verlegung in ein Missionskrankenhaus und die dortige Behandlung finanziert; man hatte sie im Regierungshospital schon aufgegeben und sie war nun fest davon überzeugt, sterben zu müssen, weil sie durch Aufliegen an den Schmerzen einer riesigen Wunde litt ...
Derartige Dinge sind - wie Sie sicher selbst finden werden - so unnötig, dass die Bruderschaft beschloß, im Care Center zusätzlich die Bevölkerung über grundlegende Krankenpflege aufzuklären und eigene Hilfskräfte anzulernen.
AIDS ist in einem afrikanischen Land ein besonders kompliziertes Thema. Viele Männer werden durch Wanderarbeit von ihren Familien getrennt, was oft außereheliche Beziehungen zur Folge hat. Die Urbanisierung hat zu einer Entfremdung von traditionellen moralischen Wertvorstellungen geführt.
Die Überzeugung, dass die Ursache allen Übels, sprich auch eine Krankheit wie AIDS, im Groll von Ahnengeistern oder in bösen Zaubereien zu finden ist, ist leider weit verbreitet. Ferner glauben viele Schwarze, dass AIDS eine Fiktion der Weißen sei, um die schwarze Bevölkerung durch Enthaltsamkeitsforderungen zu dezimieren.
Diese und andere Gründe erschweren eine Aufklärung bezüglich AIDS-Vorbeugung natürlich erheblich, v.a. wenn sie von weißen "Ungläubigen" betrieben wird. Um das Problem aus dem Tabu-Status zu befreien, plant die Bruderschaft, in Zukunft durch die aktiven schwarzen Mitglieder mit Aufklärungsprogrammen an öffentliche Stellen wie Schulen, Kirchen und Krankenstationen etc. heranzutreten, denn so kann den Menschen die Scheu genommen werden, offen zu reden und, falls nötig, sich so gut wie möglich helfen zu lassen beziehungsweise gegenseitig zu helfen.
Bislang hat AIDS-Beratung im individuellen Rahmen oder einfach spontan stattgefunden, manchmal in Form von kurzen Informationsvorträgen, die Dr. Thabethe, der Initiator der Sundumbili Health Promotion Group, z.B. nach Gottesdiensten oder anderen Versammlungen gibt. Oder eben dann, wenn wie bei den Sondersprechstunden für unterernährte Kinder HIV-Positivität entdeckt wird.
Als Seelsorger ist Pater Gerhard immer wieder Ansprechpartner für AIDS-Kranke, die gerade jene individuelle Betreuung im Einzel- und Familiengespräch so dringend brauchen.
STIPENDIEN-FONDS / BURSARY FUND
Da die Entwicklung und das Niveau einer Gesellschaft mit der allgemeinen Bildung der Bevölkerung steht und fällt, ist der Stipendien-Fonds ein besonders wichtiges Projekt. Der Staat hat bei weitem nicht die Mittel im Bildungsbereich, um Lehr- und Lernmittelfreiheit, die wir in Deutschland ganz selbstverständlich genießen, zu gewähren. Das bedeutet, dass Schulen, Hochschulen und Universitäten zum Teil sehr hohe Gebühren verlangen, die sich der größte Teil der Bevölkerung natürlich nicht leisten kann. (Man vergleiche den durchschnittlichen Monatslohn mit den Gesamtkosten für das Studium von umgerechnet ca. 7000,-DM pro Jahr, was für die typische afrikanische Großfamilie ein wahres Vermögen darstellt, von dem sie nur träumen kann.)
Die Bruderschaft richtete deshalb einen speziellen Stipendien-Fonds ein, um Lernwilligen und Begabten weiterführende Ausbildungen zu ermöglichen oder auch das Bezahlen der gemeinen Schulen bzw. der Internatskosten, der Bücher u.a. zu übernehmen.
Diejenigen, denen damit unter die Arme gegriffen wird, erhalten also die Chance, in höhere Positionen aufzusteigen, wenn sie gelernt haben, Verantwortung zu übernehmen und ihre Aufgabe im Beitrag zur Entwicklung ihrer Gesellschaft zu erkennen. Darüberhinaus wiederum werden sie in eine Lage versetzt, in der es ihrerseits möglich ist, den eigenen Kindern eine Ausbildung zu finanzieren, was auf lange Sicht den gesamten gesellschaftlichen Standard anzuheben vermag. Dies bringt dann eine Angleichung der sozialen Klassen und - im Idealfall - ein Senkung der Kriminalitätsrate mit sich.
Sind die Stipendiaten in der Tat erfolgreich, so mögen sie, sobald sie in der Lage dazu sind, das Geld wenigstens teilweise zurückzahlen, um damit der Bruderschaft erneut die Gewährung weiterer Stipendien zu erleichtern.
In der Regel kommen die jungen Leute oder deren Eltern auf die Bruderschaft zu, und nach eingehender Prüfung wird beschlossen, welche von den Antragstellern die Hilfe am dringendsten nötig haben. Anschließend wird das Geld für das Stipendium direkt an die Schule oder Universität überwiesen, so dass kein Missbrauch damit getrieben werden kann.
Bisher konnte 18 Stipendiaten der Weg für eine Aus- oder Weiterbildung geebnet werden.
SENIORENCLUB IN MANDINI UND MANGETE
Dieses Projekt mag etwas aus dem Rahmen fallen, ist deshalb allerdings längst nicht weniger wertvoll. Das Problem der Einsamkeit älterer Menschen ist überall auf der Welt bekannt, und auch hier wurde persönlicher Einsatz bereits durch die Dankbarkeit der Betroffenen belohnt. Beabsichtigt war und ist nämlich, die Senioren der hiesigen Gemeinden aus ihrer Isolation zu befreien, damit auch sie weiterhin aktiv am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können.
Regelmäßig einmal im Monat also finden von drei Mitgliedern der Bruderschaft organisierte Treffen statt, in denen sich die Männer und Frauen über ihre alltäglichen Erfahrungen, Jugenderinnerungen, Freuden und Leiden austauschen, neue Freundschaften schließen bzw. bestehende pflegen können.
Jene Vormittage sind stets individuell gestaltet: mal werden Spiele wie Romme´, Bingo oder Scrabble gespielt, mal wird einfach gemütlich beisammen gesessen, um sich bei Tee, Kaffee und Kuchen zu unterhalten, ein anderes Mal wieder werden Gäste eingeladen, um über Dinge zu referieren, die für die Zuhörer von Interesse sein mögen. So kam unter anderen ein Doktor, der über spezifische Begleiterscheinungen des Altwerdens sprach und dazu Verhaltensempfehlungen gab, zusätzlich auch körperliche Übungen zeigte und mit ihnen durchführte, die für sie als ältere Personen leicht nachzuahmen sind.
Wie ich mich überzeugen konnte, haben die Senioren an diesen Vormittagen viel Freude und bringen selbst immer wieder neue Ideen ein, um ihren "Twilight Club" am Leben zu erhalten. Sie äußerten bereits den Wunsch, öfter als bisher zusammenzukommen.
Diejenigen, die kein Auto besitzen oder nicht mehr in der Lage sind, selbst zu fahren, werden von freiwilligen Helfern abgeholt und später wider nach Hause gebracht.
In näherer Zukunft möchte man auch Ausflüge zu den Sehenswürdigkeiten in der Gegend unternehmen (und ähnliches), um noch mehr Abwechslung zu bieten.
Außerdem soll konstant eine Brücke zwischen Jung und Alt geschlagen werden, indem man die Gruppe des Kinderreligionsunterrichtes (welcher hierzulande nicht automatisch in den Schulen abgehalten wird) mehr und mehr in die Twilight-meetings integriert. In diesem Jahr führen beispielsweise die Kinder zur Weihnachtsfeier der Senioren ein Krippenspiel auf.
In Mangete, der Farbigen-Gemeinde (unter Farbigen versteht man hier die Mischlinge) ist diese Integration bereits verwirklicht, denn hier werden die Treffen grundsätzlich in der Hauptsache von der Pfarrjugend gestaltet.
Wo auch immer Not herrschen mag, hilft die Bruderschaft auch außerhalb ihrer Projekte. Mit Pater Gerhard besuchte ich eines Nachmittags einen alten Mann, der an einer schlimmen Hautkrankheit leidet, welche ihm ständigen Juckreiz bereitete. Er konnte zwar im Krankenhaus mehrmals erfolgreich behandelt werden, jedoch war es äußerst problematisch, die medizinischen Anweisungen - viermal täglich gründlich waschen und eine Salbe auftragen, zusätzlich Kleidung und Bettwäsche stets gut zu reinigen - in seiner Buschbehausung zu befolgen; die nächstliegende Wasserstelle befindet sich nämlich etwa 10 Kilometer entfernt. Somit infizierte er sich immer wieder aufs Neue. Aus Spendengeldern der Bruderschaft wurde ihm daraufhin direkt am Haus ein eigener Wassertank gebaut, aus dem er nun immer das Wasser schöpfen kann. Nur durch diese verhältnismäßig "belanglose" Maßnahme konnte seine Krankheit inzwischen unter Kontrolle gebracht werden.
Diese vielen Schilderungen konnten Ihnen hoffentlich einen Eindruck von dem geben, was hier geschieht. Die Brotherhood of Blessed Gérard hat in meinen Augen die Quelle des Übels erkannt und genau an dieser Basis angesetzt.
Die einzige Möglichkeit, der (armen) Bevölkerung dieses Landes auf die Beine zu helfen, besteht darin, den Menschen zu helfen, jene Freiheit, Fähigkeit und Selbständigkeit zu gewinnen, die sie stark genug macht, um selbst aktiv zu ihrer menschlichen, wirtschaftlichen, kulturellen und ethischen Entwicklung beitragen zu können. Und diese Hilfe muss von denen gefördert und mitgetragen werden, die dadurch, dass es ihnen "gut geht", eine wesentliche Verantwortung tragen, aus der sie sich einfach nicht herausstehlen dürfen.
Durch die enge Verknüpfung der vielen verschiedenen Probleme untereinander, braucht es natürlich weiterhin ein großes Maß an Geduld, Eifer, Ausdauer und starkem Willen, und die Bruderschaft ist weit davon entfernt, sich zufrieden im Sessel zurückzulehnen (was nach meinem Empfinden ohnehin kein wünschenswerter Zustand wäre...).
Sie werden mir jedoch zustimmen, dass hier in dieser kurzen Zeit seit Gründung der Bruderschaft bereits mehr erreicht wurde, als man zu hoffen gewagt hatte, und ich wünsche dieser "großen Familie" von ganzem Herzen, dass sie weiterhin bestmöglichen Erfolg erzielen mögen - denn der ist in dieser aktiven Gemeinschaft nicht bloß erfreulich sondern auch dringend notwendig!!
Diane von Wrede